Entgelttransparenzgesetz: Benachteiligung wegen des Geschlechts

Klagt eine Frau auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das vom Arbeitgeber nach dem Entgelttransparenzgesetz mitgeteilte Vergleichsentgelt der männlichen Vergleichsperson, regelmäßig die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt.

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Abteilungsleiterin beschäftigt. Sie erhielt im August 2018 von der Beklagten eine Auskunft nach dem Entgelttransparenzgesetz, aus der u. a. das Vergleichsentgelt der bei der Beklagten beschäftigten männlichen Abteilungsleiter hervorgeht. Angegeben wurde dieses als „auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median“ des durchschnittlichen monatlichen übertariflichen Grundentgelts sowie der übertariflichen Zulage. Weil sowohl das Grundentgelt als auch die Zulage über dem Entgelt der Klägerin lag, hat die Klägerin die Beklagte u. a. auf Zahlung der Differenz zwischen dem ihr gezahlten Grundentgelt sowie der ihr gezahlten Zulage und der ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelte für die Monate August 2018 bis Januar 2019 in Anspruch genommen.

Das Arbeitsgericht (ArbG) hatte der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht (LAG) hat das Urteil des ArbG auf die Berufung der Beklagten geändert und die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, es lägen schon keine ausreichenden Indizien vor, die die Vermutung begründeten, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts erfahren habe.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG nun Erfolg. Mit der vom LAG gegebenen Begründung durfte die Klage nämlich nicht abgewiesen werden. Aus der von der Beklagten erteilten Auskunft ergibt sich das Vergleichsentgelt der maßgeblichen männlichen Vergleichsperson. Nach den Vorgaben des Entgelttransparenzgesetzes liegt in der Angabe des Vergleichsentgelts als Median-Entgelt durch einen Arbeitgeber zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichsperson, weil entweder ein konkreter oder ein hypothetischer Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit erhält.

Die Klägerin hat gegenüber der ihr von der Beklagten mitgeteilten männlichen Vergleichsperson eine unmittelbare Benachteiligung erfahren, denn ihr Entgelt war geringer als das der Vergleichsperson gezahlte. Entgegen der Annahme des LAG begründet dieser Umstand zugleich die – von der Beklagten widerlegbare – Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ erfahren hat. Aufgrund der vom LAG getroffenen Feststellungen konnte das BAG nicht entscheiden, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, diese Vermutung ausreichend widerlegt hat. Zugleich war den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Das BAG hat daher die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen.

Quelle | BAG, Urteil vom 21.1.2021, 8 AZR 488/19, PM Nr. 1/21

Wachpolizisten: Vergütung von Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten

Das An- und Ablegen einer auf Weisung des Arbeitgebers während der Tätigkeit als Wachpolizist zu tragenden Uniform und persönlichen Schutzausrüstung nebst Dienstwaffe ist keine zu vergütende Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer die dienstlich zur Verfügung gestellten Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeiten nicht nutzt, sondern sich im privaten Bereich umkleidet und rüstet. Das hat jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) hatte den Klagen von zwei beim beklagten Land angestellten Wachpolizisten im Zentralen Objektschutz zum Teil stattgegeben und Vergütung für die Umkleidezeiten zugesprochen. Die auf vollständige Vergütung der Wegezeiten gerichteten Klagen wurden dagegen im Wesentlichen abgewiesen. Nur soweit der eine Kläger einen Umweg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte zurückzulegen hatte, stellte das LAG die Vergütungspflicht fest.

Die Revisionen der Kläger hatten vor dem BAG keinen, die Revisionen des beklagen Landes nur zum Teil Erfolg: Das Umkleiden und Rüsten mit einer besonders auffälligen Dienstkleidung, persönlichen Schutzausrüstung und Dienstwaffe ist keine zu vergütende Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer eine dienstlich zur Verfügung gestellte Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeit nicht nutzt, sondern für die Verrichtung dieser Tätigkeiten seinen privaten Wohnbereich wählt. Ebenfalls nicht vergütungspflichtig ist die für das Zurücklegen des Wegs zur Arbeit von der Wohnung zum Einsatzort und zurück aufgewandte Zeit, denn der Arbeitsweg zählt zur privaten Lebensführung.

Dagegen ist die für einen Umweg zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs erforderliche Zeit zu vergüten. Es handelt sich um eine fremdnützige Zusammenhangstätigkeit.

Quelle | BAG, Urteil vom 31.3.2021, 5 AZR 292/20, PM Nr. 7/21

BFH-Entscheidung – Fahrzeugwerbung: Entgelt ist oft Arbeitslohn

Nach Meinung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein von einem Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer gezahltes Entgelt für Werbung des Arbeitgebers auf dem Kennzeichenhalter des privaten Pkw des Arbeitnehmers Arbeitslohn, wenn dem abgeschlossenen „Werbemietvertrag“ kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt.

Nicht jede Zahlung eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer stellt Arbeitslohn dar. Vielmehr kann ein Arbeitgeber mit seinem Arbeitnehmer neben dem Arbeitsvertrag weitere eigenständige Verträge abschließen. Kommt einem gesondert abgeschlossenen Vertrag allerdings kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zu, kann es sich insoweit um eine weitere Arbeitslohnzahlung handeln.

Ein Arbeitgeber hatte mit einem Teil seiner Arbeitnehmer „Werbemietverträge“ geschlossen. Danach verpflichteten sich diese, mit Werbung des Arbeitgebers versehene Kennzeichenhalter an ihren privaten Pkw anzubringen. Dafür erhielten sie jährlich 255 Euro. Der Arbeitgeber behandelte das „Werbeentgelt“ als sonstige Einkünfte gemäß Einkommensteuergesetz (§ 22 Nr. 3 EStG) und behielt daher keine Lohnsteuer ein. Dies war auch für die Arbeitnehmer vorteilhaft, da solche Einkünfte unterhalb eines Betrags von 256 Euro jährlich steuerfrei sind. Das Finanzamt ging aber von einer Lohnzahlung aus und nahm den Arbeitgeber für nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer in Haftung – und zwar zu Recht, wie das FG Münster und der BFH entschieden. Die Zahlungen gehören zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, weil sie durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind und nicht auf einem Sonderrechtsverhältnis „Mietvertrag Werbefläche“ beruhen, da diesem kein eigener wirtschaftlicher Gehalt zukommt.

Der BFH erachtete insbesondere die folgenden Würdigungen der Vorinstanz nicht nur als möglich, sondern als naheliegend: Dem gesondert abgeschlossenen „Mietvertrag Werbefläche“ kam unter Berücksichtigung der am Markt befindlichen Angebote schon aufgrund seiner Ausgestaltung kein eigener wirtschaftlicher Gehalt zu. Denn die Erzielung einer Werbewirkung war nicht sichergestellt und die Bemessung des Entgelts war offensichtlich an der im Einkommensteuergesetz geregelten Freigrenze orientiert. Der Werbeeffekt war nicht – wie im wirtschaftlichen Geschäftsverkehr üblich – ausschlaggebendes Kriterium für die Bemessung des Entgelts gewesen. Das FG berücksichtigte, dass Verträge ausschließlich mit Mitarbeitern geschlossen wurden und die Laufzeit der Verträge an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses geknüpft war.

Quelle | BFH, Beschluss vom 21.6.2022

Beamtenbezüge: Zu viel gezahlte Dienstbezüge müssen zurückgezahlt werden

Erhält ein Beamter nach einem Dienstherrenwechsel vom ehemaligen Dienstherren weiter Dienstbezüge ausgezahlt, sind diese zurückzuzahlen. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz und wies die Klage eines Beamten ab, der die Beträge behalten wollte.

Das war geschehen

Der Kläger, ein Professor, folgte im Jahr 2020 dem Ruf einer Universität außerhalb von Rheinland-Pfalz und wurde dort mit Wirkung zum 1.9.2020 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor ernannt. Gleichwohl zahlte das Land Rheinland-Pfalz dem Kläger für September noch Bezüge in Höhe von rund 5.000 Euro netto aus.

Gegen den sodann ergangenen Rückforderungsbescheid erhob der Kläger erfolglos Widerspruch. Im sich anschließenden Klageverfahren brachte er vor, er habe seinen damaligen Dienstherren bereits im Juni 2020 über seinen Wechsel an die neue Universität informiert. Darüber hinaus sei er nicht verpflichtet gewesen, seinen Kontoauszug auf Zahlungen des Beklagten zu prüfen, da er mit einer weiteren Auszahlung von Dienstbezügen durch diesen nicht habe rechnen müssen. Schließlich habe der Beklagte die Überzahlung ausschließlich selbst zu verantworten, sodass aus Billigkeitsgründen jedenfalls teilweise von der Rückforderung abzusehen sei.

Benachteiligung: Unwirksame formularmäßige Bonusregelung mit Stichtag zum 31.12. eines Jahres

Eine formularmäßige Regelung, nach der ein Anspruch auf eine Bonuszahlung, die ausschließlich vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängt, nur besteht, wenn der Arbeitnehmer am 31.12. beschäftigt ist, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg klargestellt.

Das LAG machte deutlich, dass die o. g. Regelung daher unwirksam ist. Folge: Bei unterjährigem Ausscheiden eines Arbeitnehmers hat dieser einen Anspruch auf die anteilige Bonuszahlung.

Quelle | LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2021

Vergütungsanspruch: Pflichtpraktikum als Zulassungsvoraussetzung für Studium: kein gesetzlicher Mindestlohn

Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum absolvieren, das nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist, haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.

Praktikum ja, Vergütung nein

Die Klägerin beabsichtigte, sich an einer privaten, staatlich anerkannten Universität um einen Studienplatz im Fach Humanmedizin zu bewerben. Nach der Studienordnung ist u. a. ein sechsmonatiger Krankenpflegedienst Zugangsvoraussetzung. Vor diesem Hintergrund absolvierte die Klägerin bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, ein solches Praktikum auf einer Krankenpflegestation. Eine Vergütung wurde nicht vereinbart.

Landesarbeitsgericht und Bundesarbeitsgericht weisen Klage ab

Mit ihrer Klage hat die Klägerin eine Vergütung von rund 10.000 Euro brutto nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) verlangt. Sie hat geltend gemacht, sie habe im Rahmen einer Fünftagewoche täglich 7,45 Stunden Arbeit geleistet. Ein Vorpraktikum vor Aufnahme eines Studiums sei kein Pflichtpraktikum im Sinne des MiLoG, daher greife die gesetzliche Ausnahme von der Vergütungspflicht nicht ein.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin beim BAG hatte keinen Erfolg. Die Klägerin unterfällt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des o. g. Gesetzes. Der Ausschluss von Ansprüchen auf den gesetzlichen Mindestlohn erfasst nach dem in der Gesetzesbegründung deutlich zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers nicht nur obligatorische Praktika während des Studiums, sondern auch solche, die in Studienordnungen als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorgeschrieben sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Studienordnung von einer privaten Universität erlassen wurde, denn diese Universität ist staatlich anerkannt. Hierdurch ist die von der Hochschule erlassene Zugangsvoraussetzung im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichgestellt und damit gewährleistet, dass durch das Praktikumserfordernis in der Studienordnung nicht der grundsätzlich bestehende Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten sachwidrig umgangen wird.

Quelle | BAG, Urteil vom 19.1.2022, 5 AZR 217/21

Reinigungsbranche: Erschwerniszuschlag für das Tragen der OP-Maske?

Beschäftigte der Reinigungsbranche, die bei Arbeiten eine sogenannte OP-Maske tragen, haben keinen Anspruch auf einen tariflichen Erschwerniszuschlag. Das entschied jetzt das Landesarbeitsgericht  (LAG) Berlin-Brandenburg.

Auf das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers ist der für allgemeinverbindlich erklärte Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 31.10.19 (RTV) anzuwenden. Dieser sieht bei Arbeiten mit persönlicher Schutzausrüstung, bei denen eine vorgeschriebene Atemschutzmaske verwendet wird, einen Zuschlag von 10 Prozent vor. Der Arbeitnehmer musste bei der Arbeit eine OP-Maske tragen. Er machte mit seiner Klage den genannten Erschwerniszuschlag geltend.

Das LAG wies die Klage ab. Der Erschwerniszuschlag sei nur zu zahlen, wenn die Atemschutzmaske Teil der persönlichen Schutzausrüstung des Arbeitnehmers sei. Dies sei bei einer OP-Maske nicht der Fall, weil sie – anders als eine FFP2- oder FFP3-Maske – nicht vor allem dem Eigenschutz des Arbeitnehmers, sondern dem Schutz anderer Personen diene.

Das LAG hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.11.2021, 17 Sa 1067/21,

Textformerfordernis: Lohnabrechnung im elektronischen Postfach statt in Papierform?

Die bloße Zurverfügungstellung der Lohnabrechnung in elektronischer Form zum Abruf durch den Arbeitnehmer ist keine Erfüllung der Pflicht, eine Lohnabrechnung zu erteilen. Das hat jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm klargestellt.

Sachverhalt

Der Arbeitgeber informierte den Arbeitnehmer darüber, dass seine Verdienstabrechnungen künftig verschlüsselt in einem Online-Portal bereitstünden, und nicht, wie bis dahin, ausgedruckt zur Verfügung gestellt werden würden. Dieser Form der Lohnabrechnungen widersprach der Arbeitnehmer ausdrücklich schriftlich.

In der Folge wurden dem Arbeitnehmer die seinem Lohn entsprechenden Abrechnungen nicht mehr ausgedruckt zur Verfügung gestellt, sondern – wie angekündigt – in digitaler, elektronischer Form im Online-Portal des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer druckte sich seine Lohnabrechnungen nicht selbst aus. Er ist der Ansicht, dass ein Bereitstellen der Lohnabrechnung in elektronischer Form seiner Zustimmung bedürfe und es nicht ausreicht, die Lohnabrechnungen in digitaler bzw. elektronischer Form in einem Online-Portal hochzuladen. Vielmehr müsse eine Abrechnung in Textform erteilt werden. Der Textform genüge das Bereitstellen in einem Online-Portal gerade nicht. Die Möglichkeit des Abrufs der Lohnabrechnungen durch ihn selbst werde diesem Erfordernis nicht gerecht und erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen.

So entschieden die Instanzen

Das Arbeitsgericht (ArbG) wies die Klage insoweit ab, als der Arbeitnehmer die Erteilung der Abrechnungen in Papierform beantragt hat. Es verurteilte den Arbeitgeber aber dazu, die streitgegenständlichen Lohnabrechnungen zu erteilen. Zu Recht, sagt das LAG Hamm in der Berufung des Arbeitgebers.

Der Arbeitgeber habe die erforderliche Textform gewahrt, weil er eine insofern lesbare Erklärung, in denen die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben habe. Sein Online-Portal sei dabei ein Medium, das es dem Empfänger ermögliche, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich sei. Sie sei auch geeignet, die Erklärung unverändert wiederzugeben. Die Tatsache, dass man auf die Abrechnungen nur mit dem bestimmten Passwort zugreifen könne, ändere nichts daran, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer bestimmte Lohnabrechnungen in Textform erstellt habe. Der Arbeitgeber müsse jedoch nicht nur eine Lohnabrechnung erstellen und dem Arbeitnehmer den Zugang zu der erstellten Abrechnung ermöglichen. Er müsse auch dem Arbeitnehmer die Lohnabrechnungen erteilen. Die Abrechnung bezwecke dabei die Information über die erfolgte Zahlung, sodass die Erfüllung des Lohnabrechnungsanspruchs nicht nur die Erstellung, sondern auch den Zugang voraussetze.

Arbeitgeber schuldet nicht nur Bereitstellung zur Abholung

Dieser Zugang liege vor, wenn die Willenserklärung so in den Machtbereich des Empfängers gerate, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen könne. Die Erfüllung des Anspruchs auf Erteilung der Lohnabrechnung in Textform setze demnach voraus, dass die Lohnabrechnung den Machtbereich des Empfängers erreicht habe. Eine Übermittlung der Lohnabrechnungen an eine dienstliche E-Mail-Adresse des Arbeitnehmers erfolgte hier jedoch nicht. Der Arbeitgeber habe zwar dem Arbeitnehmer ermöglicht, sich die Lohnabrechnungen auf seinem Online-Portal abzuholen. Dies reiche jedoch für die Erfüllung der obliegenden Verpflichtung zur Erteilung der Lohnabrechnung nicht aus. Es werde nicht die Bereitstellung zur Abholung durch den Arbeitnehmer, sondern die Erteilung durch den Arbeitgeber geschuldet. Daher sei der Arbeitgeber verpflichtet, die in elektronischer Form erstellte Lohnabrechnung in den Machtbereich des Arbeitnehmers zu verbringen.

Einverständnis des Arbeitnehmers lag nicht vor

Besitze der Arbeitnehmer keine dienstliche E-Mail-Adresse, könne ein Zugang einer elektronischen Erklärung, die dem Textformerfordernis genüge, nach nahezu einhelliger Ansicht im Schrifttum nur angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer sich mit dem Empfang elektronischer Erklärungen ausdrücklich oder konkludent einverstanden erklärt habe. Das sei hier nicht der Fall gewesen.

Quelle | LAG Hamm, Urteil vom 23.9.2021, 2 Sa 179/21

Vergütungsregelung: Arbeitgeber will Weihnachtsgeld streichen? Das ist mitbestimmungspflichtig!

Das Streichen des Weihnachtsgelds als Teil der Gesamtvergütung greift in die betriebliche Vergütungsstruktur ein und bildet daher eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme. Die betriebliche Mitbestimmung setzt in jeder Form einen Beschluss des Betriebsrats und eine entsprechende Verlautbarung gegenüber dem Arbeitgeber voraus. Zu diesem Ergebnis kam das Arbeitsgericht (ArbG) Halle. |

Da die Mitbestimmungsrechte dem Betriebsrat zustehen, könne in seinem Schweigen auf Vorschläge des ArbG ebenso keine Zustimmung und auch keine den gesetzlichen Anforderungen genügende Mitbestimmung gesehen werden. Gleiches gilt für die bloße Hinnahme eines mitbestimmungswidrigen Verhaltens.

Quelle | ArbG Halle, Urteil vom 21.6.21, 8 Ca 2112/20

Gleichheitsgrundsatz: Grundschullehrer haben keinen Anspruch, wie Studienräte besoldet zu werden

Erhalten Grundschullehrer nicht die gleiche Besoldung wie Studienräte, ist ihre Besoldung nicht zu niedrig. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf entschieden und damit die Klagen zweier Grundschullehrerinnen abgewiesen.

Die Klägerinnen sind als Beamtinnen auf Lebenszeit in die Besoldungsgruppe A 12 eingestuft. Sie begehren die Einstufung in die mit einem höheren Grundgehalt ausgewiesene Besoldungsgruppe A 13 sowie die Gewährung einer Studienratszulage. Sie sind der Auffassung, dass sowohl ihre Ausbildungen als auch ihre ausgeübten Tätigkeiten sich von denen der mit A 13 zuzüglich einer Studienratszulage besoldeten Studienräte mit der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen nicht oder jedenfalls nicht mehr so wesentlich unterscheiden, dass die ungleiche Besoldungshöhe im Eingangsamt berechtigt sei.

Hintergrund der Klageverfahren ist die Änderung der Lehrerausbildung in Nordrhein-Westfalen, die seit Inkrafttreten des Lehrerausbildungsgesetzes (LABG) 2009 für alle Lehramtsbefähigungen den Abschluss eines Bachelor- und eines Masterstudiengangs sowie die erfolgreiche Absolvierung eines Vorbereitungsdienstes verlangt und in weiten Teilen angeglichen wurde. Eine der Klägerinnen absolvierte ihre Ausbildung nach den Regelungen des LABG 2009. Die andere Klägerin studierte im Rahmen des zuvor durchgeführten Modellversuchs „Gestufte Studiengänge in der Lehrerausbildung“, in dem die Angleichung noch nicht vollständig umgesetzt war.

Die Kammer hat die Klagen abgewiesen. Die Besoldung sei nicht zu niedrig bemessen. Die Einstufungen der Lehrerinnen in die Besoldungsgruppe A 12 stehe mit dem Verfassungsrecht in Einklang. Die Verknüpfung der Funktion der Lehrer mit der Lehramtsbefähigung für Grund-, Haupt- und Realschulen mit einem (Einstiegs-)Amt der Besoldungsgruppe A 12 sei wegen des weiten Gestaltungsspielraums, der dem Gesetzgeber in diesem Bereich eröffnet sei, nicht zu beanstanden. Insbesondere sei der Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt, weil trotz der (durch das LABG 2009) weitgehend angeglichenen Bildungsvoraussetzungen für die verschiedenen Lehrämter inhaltliche Unterschiede zwischen den Lehramtsbefähigungen bestünden. Zudem unterscheide sich der Berufsalltag von Lehrern mit der Lehramtsbefähigung für Grund-, Haupt- und Realschulen von dem der Studienräte mit der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen in einem Maße, das die abweichende Einstufung in die Besoldungsgruppen A 12 und A 13 als sachgerecht rechtfertige und nicht willkürlich sei. Im Rahmen des Modellversuchs „Gestufte Studiengänge in der Lehrerausbildung“ habe es zudem maßgebliche Unterschiede in der Ausbildung gegeben.

Gegen die Entscheidung kann die Berufung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) eingelegt werden, die das VG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat.

Quelle | VG Düsseldorf, Urteile vom 13.5.2022

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