Arbeitslosigkeit – Härtefallregelung: Pandemiefolgen sind bei Sperrzeit zu berücksichtigen

Wird eine abhängige Beschäftigung zwecks Wiederaufnahme einer pandemiebedingt aufgegebenen Selbstständigkeit gekündigt, liegt zumindest ein Härtefall vor. Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen jetzt entschieden.

Der Antragsteller war seit 2000 mit einer Eventagentur selbstständig. Er stellte diese Tätigkeit aufgrund der mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen im Veranstaltungssektor 2020 ein. Am 31.01. kündigte er das zwischenzeitlich begründete Arbeitsverhältnis als Berufskraftfahrer zum 28.2.2022 und meldete sich arbeitslos. Die Bundesagentur für Arbeit als Antragsgegnerin stellte den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit und das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld in diesem Zeitraum (1.3. bis 23.5.2022) fest. Hiergegend erhob der Antragsteller Klage.

In zweiter Instanz hat das LSG die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller bis zum 23.5.2022 Arbeitslosengeld zu zahlen. Hinsichtlich der ersten sechs Wochen der Sperrzeit hat es seine Beschwerde jedoch zurückgewiesen. Es bestünden zu große Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids für die Zeit ab dem 13.4.2022. Zwar habe der Antragsteller durch seine Kündigung die Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt. Fraglich sei aber bereits, ob dies grob fahrlässig gewesen sei. Der Antragsteller habe im Januar 2022 noch davon ausgehen dürfen, dass er ab März 2022 wieder mit der Eventagentur tätig werden könne.

Aber auch, wenn angesichts der unsicheren Pandemielage Anfang des Jahres 2022 von einer grob fahrlässigen Herbeiführung ausgegangen werden sollte, sei die Annahme einer besonderen Härte mit der Folge einer Verkürzung der Sperrzeit auf sechs Wochen geboten. Es sei mindestens unverhältnismäßig hart, den Versuch eines vor der pandemiebedingten Schließung seines Geschäfts erfolgreich selbstständig Tätigen, diese Tätigkeit wiederaufzunehmen, mit der Regelsperrzeit von zwölf Wochen zu sanktionieren, wenn – wie hier – ein berechtigter Grund zu der Annahme vorliege, dass die selbstständige Tätigkeit wieder aufgenommen werden könne.

Quelle | LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1.9.2022

Schwarzarbeit: Leistungsempfänger wegen Betrugs verurteilt

Schwarzarbeit lohnt sich nicht – noch dazu, wenn man gleichzeitig Arbeitslosengeld II kassiert. Das musste ein 48-Jähriger vor dem Amtsgericht (AG) Dessau-Roßlau erfahren. Er wurde zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Um die Aussetzung der Strafe nicht zu gefährden, hat er nun für die Dauer von zwei Jahren Zeit, sich zu bewähren.

Die Bediensteten des Hauptzollamts Magdeburg – Finanzkontrolle Schwarzarbeit Dessau – ermittelten, dass der Mann zwischen November 2017 und November 2018 eine selbstständige Tätigkeit ausübte und dabei im genannten Zeitraum ein Einkommen von über 20.400 Euro erzielte. Zur Verschleierung seiner Aktivitäten gründete der Unternehmer zwei Limited Unternehmen (britische Kapitalgesellschaften) in Großbritannien. Zusätzlich war der Verurteilte auf Geringfügigkeitsbasis tätig. Der Sachverhalt wurde im Zuge einer Geschäftsunterlagenprüfung nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz – SchwarzArbG) bei einem Auftraggeber bekannt.

Während der Zeit der Selbstständigkeit bezog er von Oktober 2017 bis August 2018 zu Unrecht Arbeitslosengeld II in Höhe von 7.400 Euro. Er verschwieg pflichtwidrig gegenüber dem Jobcenter Dessau-Roßlau die Ausübung seiner selbstständigen Tätigkeit und das erzielte Einkommen hieraus. Lediglich die geringfügige Tätigkeit und das daraus stammende Einkommen zeigte er beim Jobcenter an. Damit erfüllte der Mann nach Ansicht des Gerichts den Tatbestand des Betrugs (strafbar nach § 263 Strafgesetzbuch – StGB). Diese Vorschrift sieht im Fall des Betrugs eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor.

Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Neben der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung muss der Verurteilte den verursachten Schaden wiedergutmachen.

Quelle | Hauptzollamt Magdeburg

Arbeitslosengeld: Nordic Walking: gesund aber auch gefährlich

Ein Mann, der Beklagte, und eine Frau betrieben gemeinsam Sport (Nordic Walking). Dabei geriet einer der Walkingstöcke des Beklagten zwischen die Beine der Frau. Sie stürzte und verletzte sich. Zwei Jahre lang konnte sie nicht arbeiten und wurde daraufhin entlassen. Die Bundesagentur für Arbeit verlangte als Klägerin das der Frau gezahlte Arbeitslosengeld vom Beklagten zurück. Dieser habe den Unfall fahrlässig verursacht und sollte daher dessen Folgen tragen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein gab der Behörde im Grundsatz Recht. Beim Nordic Walking sollten Sportler die Stöcke nach hinten halten. Geschieht dies nicht, können sie für den Unfall eines Mitsportlers haften. Der Beklagte sei daher grundsätzlich schadenersatzpflichtig.

Aber das OLG machte hier eine Ausnahme: Denn die Frau hatte ihre Kündigung widerspruchslos hingenommen. Daher trage sie ein überwiegendes Mitverschulden, zumal ihr Arbeitgeber ihr einen „leidensgerechten“ Arbeitsplatz hätte zuweisen und sie dort hätte weiter beschäftigen können. Der Beklagte musste daher entgegen dem o. g. Grundsatz das Arbeitslosengeld nicht erstatten.

Beachten Sie | Beim Nordic Walking müssen Sportler die Stöcke nah am Körper und hinter den Beinen halten. Der Unfall wäre nicht passiert, hätte sich der Beklagte daran gehalten. Interessante Unterhaltungen oder das Genießen einer schönen Landschaft entschuldigen einen Verstoß gegen diese Regel nicht. Gegebenenfalls müssen die Sportler den Abstand zwischen sich vergrößern, so das OLG.

Quelle | OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30.7.2020, 6 U 46/18

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