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Diebstahl am Arbeitsplatz: Kündigung wegen einem Liter Desinfektionsmittel rechtmäßig

Eine Kündigungsschutzklage haben sowohl das Arbeitsgericht (AG) als auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf abgewiesen. Die Entwendung von Desinfektionsmittel und Papierhandtüchern führte im vorliegenden Fall zu einer berechtigten fristlosen Kündigung.

Sachverhalt

Der Kläger war seit 2004 bei einem Paketzustellunternehmen, der Beklagten, als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge beschäftigt. Bei einer stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle fand der Werkschutz im Kofferraum des Klägers eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle (Wert: ca. 40 Euro). Es kam damals bei der beklagten Arbeitgeberin immer wieder vor, dass Desinfektionsmittel entwendet wurde. Der Betriebsrat stimmte der fristlosen Kündigung des Klägers zu, die die Beklagte dann aussprach. Die Kündigungsschutzklage des Klägers hatte keinen Erfolg.

So argumentierte der Arbeitnehmer

Er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen, behauptete der Kläger. Er habe das Mittel für sich und eventuell seine Kollegen verwenden wollen, zumal dieses in den Waschräumen nicht immer verfügbar gewesen sei. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Er müsse kein Desinfektionsmittel stehlen, weil seine Frau in der Pflege arbeite und die Familie über sie ausreichend versorgt sei.

Arbeitgeberin untersagte Mitnahme von Desinfektionsmittel

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe dem Werkschutz gesagt, dass er das Desinfektionsmittel habe mitnehmen dürfen, um sich unterwegs die Hände zu desinfizieren. Sie habe jedoch mit Aushängen im Sanitärbereich darauf hingewiesen, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmitteln eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.

Fristlose Kündigung: Wichtiger Grund lag vor

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat, wie bereits das Arbeitsgericht, die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Es liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor. Die Einlassungen des Klägers sind nicht glaubhaft. Die Kammer geht davon aus, dass der Kläger sich das Desinfektionsmittel angeeignet hat, um es selbst zu verbrauchen. Wenn er es während der Schicht habe benutzen wollen, hätte es nahegelegen, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, zumal in der Nacht nur sechs bis sieben Kollegen arbeiteten. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, dass er das Desinfektionsmittel auch für die Kollegen verwenden wollte, denn weder hatte er ihnen gesagt, wo er das Desinfektionsmittel aufbewahrt, noch ihnen den Autoschlüssel gegeben, damit sie es benutzen können. Schließlich war die aufgefundene Flasche nicht angebrochen.

Trotz der langen Beschäftigungszeit war keine vorherige Abmahnung erforderlich. Der Kläger hat in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war und in Kenntnis davon, dass auch die Beklagte mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit hat er zugleich in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgingen. Daher musste ihm klar sein, dass er mit der Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdete.

Das LAG hat die Revision nicht zugelassen.

Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 14.1.2021, 5 Sa 483/20, PM vom 14.1.2021

Betriebsänderung: In diesem Fall gibt es auch bei Eigenkündigung eine Abfindung

Scheiden anlässlich einer Betriebsänderung Arbeitnehmer durch Eigenkündigung aus dem Unternehmen aus, sind sie wie die von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer abfindungsberechtigt. Voraussetzung: Die Eigenkündigung wurde durch den Arbeitgeber veranlasst. So hat es das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg entschieden.

Dies ist nach dem Urteil der Fall, wenn der Arbeitgeber bei dem Arbeitnehmer im Hinblick auf eine konkret geplante Betriebsänderung die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, mit der Eigenkündigung komme er einer sonst notwendig bevorstehenden betriebsbedingten Kündigung zuvor. Aber Achtung: Beweisen muss das der Arbeitnehmer.

Quelle | LAG Nürnberg, Urteil vom 27.10.2020, 7 Sa 157/20

Kündigung wegen einer Covid-19-Quarantäne ist unwirksam

Das Arbeitsgericht Köln hat die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses für unwirksam erklärt, die ein Arbeitgeber aufgrund einer behördlich angeordneten Quarantäne gegenüber seinem Arbeitnehmer ausgesprochen hatte.

Der Arbeitnehmer befand sich auf telefonische Anordnung des Gesundheitsamts im Oktober 2020 als Kontaktperson des positiv auf Covid-19 getesteten Bruders seiner Freundin in häuslicher Quarantäne. Hierüber informierte der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber, einen kleinen Dachdeckerbetrieb. Der Arbeitgeber bezweifelte die Quarantäneanordnung und vermutete, der Arbeitnehmer wolle sich lediglich vor der Arbeitsleistung „drücken“. Er verlangte eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamts, die der Arbeitnehmer auch beim Gesundheitsamt telefonisch einforderte. Als diese schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamts auch nach mehreren Tagen noch nicht vorlag, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.

Das ArbG Köln hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Zwar fand das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, sodass der Arbeitgeber grundsätzlich keinen Kündigungsgrund für die Rechtswirksamkeit einer fristgerechten Kündigung vor Gericht darlegen musste. Das Gericht sah die Kündigung jedoch als sittenwidrig und treuwidrig an. Der Arbeitnehmer habe sich lediglich an die behördliche Quarantäneanordnung gehalten. Erschwerend kam nach Auffassung des Gerichts hinzu, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich aufgefordert hatte, entgegen der Quarantäneanweisung im Betrieb zu erscheinen.

Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Köln eingelegt werden.

Quelle | ArbG Köln, Urteil vom 15.4.2021, 8 Ca 7334/20, PM Nr. 1/2021

Corona-Pandemie: Kein „Freifahrtschein“ für betriebsbedingte Kündigungen

Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin hat aktuell in mehreren Entscheidungen festgestellt: Der bloße Hinweis auf die Corona-Pandemie oder einen Umsatzrückgang aufgrund der Pandemie genügt nicht, um eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen. 

In einer Entscheidung vom 5.11.20 stellte das ArbG fest, dass der Arbeitgeber anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen muss, warum nicht nur eine kurzfristige Auftragsschwankung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist.

Beachten Sie | Wird im Betrieb Kurzarbeit geleistet, spricht dies gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf.

In mehreren Entscheidungen vom 25.8.20 sagte das ArbG: Die Erklärung, es habe einen starken Umsatzrückgang gegeben und man habe nicht anders auf denselben reagieren können, als eine Anzahl von Kündigungen auszusprechen, sei keine ausreichende Begründung zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung.

Schließlich stellte das ArbG am 10.8.20 in einem anderen Verfahren fest: Auch wenn kein allgemeiner Anspruch auf eine Tätigkeit im Home-Office bestehe, könne die mögliche Arbeit von zu Hause aus bei vorhandenen technischen Voraussetzungen einer Änderungskündigung zur Zuweisung eines anderen Arbeitsorts entgegenstehen. Die stärkere Verbreitung des Arbeitens im Home-Office aufgrund der Pandemie zeige, dass Arbeiten von zu Hause aus möglich sei.

Gegen diese Entscheidung wurde Berufung beim LAG Berlin-Brandenburg eingelegt.

Quelle | ArbG Berlin, Urteile vom 5.11.2020, 38 Ca 4569/20; 25.8.2020, 34 Ca 6664/20, 34 Ca 6667/20, 34 Ca 6668/20; 10.8.2020, 19 Ca 13189/19, PM Nr. 34/20 vom 18.12.2020

Corona-Pandemie: Betriebsbedingte Kündigungen kein „Selbstläufer“

Betreffend betriebsbedingte Kündigungen hat das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin in mehreren Entscheidungen festgestellt, dass allein ein Hinweis auf „Corona“ oder einen Umsatzrückgang aufgrund der Pandemie nicht ausreicht, um eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

Gesunkener Beschäftigungsbedarf

In der einen Entscheidung stellte das ArbG fest, dass der Arbeitgeber anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen muss, warum nicht nur eine kurzfristige Auftragsschwankung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist. Wird im Betrieb Kurzarbeit geleistet, spricht dies gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf (ArbG Berlin, Urteil vom 5.11.2020, 38 Ca 4569/20).

Umsatzrückgang

In weiteren Entscheidungen sagte das ArbG, dass die Erklärung, es habe einen starken Umsatzrückgang gegeben und man habe nicht anders auf denselben reagieren können, als eine Anzahl von Kündigungen auszusprechen, keine ausreichende Begründung zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung sei (ArbG Berlin, Urteile vom 25.8.2020, 34 Ca 6664/20, 34 Ca 6667/20, 34 Ca 6668/20).

Home-Office „rettet“ vor Arbeitsortswechsel

Schließlich stellte das ArbG in einem anderen Verfahren Folgendes fest: Auch wenn kein allgemeiner Anspruch auf eine Tätigkeit im Home-Office bestehe, könne die mögliche Arbeit von zu Hause aus bei vorhandenen technischen Voraussetzungen einer Änderungskündigung zur Zuweisung eines anderen Arbeitsortes entgegenstehen. Die stärkere Verbreitung des Arbeitens im Home-Office aufgrund der Pandemie zeige, dass Arbeiten von zu Hause aus möglich sei. Gegen die Entscheidung wurde die Berufung beim LAG Berlin-Brandenburg eingelegt (ArbG Berlin, Urteil vom 10.8.2020, 19 Ca 13189/19).

Quelle | Alle Entscheidungen: ArbG Berlin; ArbG Berlin, PM Nr. 34/2020 vom 18.12.2020

Fristlose Kündigung ohne erforderliche Abmahnung: Kollegin in den Schritt gefasst

Fasst ein Mitarbeiter erst einer Kollegin und dann sich selbst in den Schritt mit der anschließenden Äußerung, da tue sich etwas, rechtfertigt dies auch nach 16-jähriger beanstandungsfreier Betriebszugehörigkeit die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln nun entschieden.

Angesichts der Schwere der festgestellten Pflichtverletzung hat das LAG eine vorhergehende Abmahnung für nicht erforderlich gehalten, weil der Mitarbeiter nicht ernsthaft damit habe rechnen können, dass seine Kollegin sein Verhalten tolerieren werde. Aufgrund ihrer Verpflichtung, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor sexuellen Belästigungen wirksam zu schützen, sei der Arbeitgeberin der Ausspruch einer Kündigung unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist nicht zuzumuten gewesen. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.

Quelle | LAG Köln, Urteil vom 19.6.2020, 4 Sa 644/19.