Schlagwort: Kündigungsschutzklage

Kündigungsschutzklage: Schlägerei im Linienbus führt zur Kündigung des Fahrers

| Das Arbeitsgericht (ArbG) Göttingen hat die Kündigungsschutzklage eines Busfahrers gegen die Göttinger Verkehrsbetriebe GmbH als unbegründet abgewiesen. Sein Verhalten in dem konkreten Fall sei eine schwerwiegende Pflichtverletzung gewesen. |

Fahrer schlägt Fahrgast: fristlose Kündigung

Der Kläger ist seit 25 Jahren bei der Beklagten beschäftigt und wurde im Sommer 2023 fristlos gekündigt. Die Beklagte hat dem Kläger vorgeworfen, dass dieser einen Fahrgast gewaltsam von seinem Sitz gezogen und aus dem Bus geworfen habe. Nachdem der Fahrgast auf den Boden gefallen und wieder aufgestanden war, soll der Kläger ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben.

Der Kläger behauptete, dass der alkoholisierte Fahrgast eine junge Frau belästigt habe. Zudem habe er sich geweigert, einen Fahrausweis zu zeigen und ihn – den Kläger – beleidigt. Auf Aufforderung habe er den Bus nicht verlassen. Nach dem Rauswurf habe der Fahrgast mit einer Getränkedose in der Hand eine Bewegung auf ihn zu gemacht und sich ihm drohend genähert. Daraufhin habe er – der Kläger – im Affekt eine Abwehr-/Schlagbewegung vollführt.

Der Bus ist mit sechs Überwachungskameras ausgestattet. Das ArbG hat die Videoaufzeichnungen in Augenschein genommen. Darauf ist zu erkennen, dass die Vorwürfe der Beklagten im Wesentlichen zutreffen. Der Kläger hat den Fahrgast, nachdem dieser auf seine Ansprache und die Aufforderung, den Bus zu verlassen, nicht reagierte, vom Sitz gezogen, wodurch dieser noch im Bus hingefallen ist. Im Anschluss daran griff der Kläger den Fahrgast von hinten an der Kleidung, um ihn aus dem Bus zu befördern. Auf dem Bürgersteig ist der Fahrgast aufgestanden. Daraufhin hat der Kläger ihn in der Nähe des Halses an der Kleidung gepackt und mit der Faust ausgeholt. Ob er den Fahrgast getroffen hat, ist auf dem Video nicht eindeutig zu erkennen.

Ob der alkoholisierte Fahrgast zuvor andere Fahrgäste belästigt hatte, ließ sich über die Videoaufzeichnungen nicht feststellen. Im Vorfeld war eine junge Frau aufgestanden, da sie den Fahrgast offensichtlich als unangenehm empfunden hat. Zum Zeitpunkt des Vorfalls befand sich diese aber nicht mehr in der Nähe.

Große Belastung durch schwierige Fahrgäste, aber Abmahnung nicht nötig

Nach Ansicht des Gerichts stellt das Verhalten des Klägers eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung dar. Dabei hat das Gericht nicht verkannt, dass schwierige Fahrgäste für Busfahrer eine große Belastung darstellen. Nachdem der Fahrgast den Bus nicht freiwillig verlassen wollte, hätte der Kläger aber die Leitstelle oder die Polizei anrufen können und müssen. Eine vorherige Abmahnung war aus der Sicht des Gerichts nicht erforderlich. Quelle | ArbG Göttingen, Urteil vom 23.1.2024

Kündigungsschutzklage: Erst die Abmahnung, dann die Kündigung

Ein Arbeitgeber muss regelmäßig erst einmal abmahnen, bevor er das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen kann. Dies gilt insbesondere, wenn der betroffene Arbeitnehmer nur einmal unentschuldigt gefehlt hat und zwar auch, wenn dies bereits am dritten Arbeitstag passiert. Zu diesem Ergebnis kam jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein.

Das war geschehen

Der Arbeitgeber hatte die Arbeitnehmerin zum 1.8.2019 eingestellt. Nachdem sie am 1. und 2.8. vor dem Wochenende gearbeitet hatte, blieb sie am 5. und 6.8. vereinbarungsgemäß zwecks Kindergarten-Eingewöhnung ihres Sohnes der Arbeit fern. Mit Schreiben vom 5.8. kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 12.8.2019. Am 7.8. fehlte die Arbeitnehmerin unentschuldigt. Für den 8. und 9.8. liegen Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen vor. Mit E-Mail vom 8.8. kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos. Die Kündigung ging der Arbeitnehmerin am 9.8. schriftlich zu.

Kündigungsschutzklage

Mit ihrer Kündigungsschutzklage wandte sich die Arbeitnehmerin nur noch gegen die zweite, fristlose Kündigung und verlangte, die gesetzliche Kündigungsfrist hinsichtlich der ersten Kündigung einzuhalten. Der Arbeitgeber hielt die fristlose Kündigung für wirksam. Die Arbeitnehmerin habe gerade einmal zwei Tage gearbeitet und dann unentschuldigt gefehlt. Es handele sich um ein „gescheitertes Arbeitsverhältnis“. Hier sei eine Abmahnung entbehrlich gewesen.

Fristlose Kündigung unwirksam

Das LAG hielt die außerordentliche fristlose Kündigung für unwirksam. Eine vorherige Abmahnung sei notwendig. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitnehmerin trotz Kündigungsandrohung der Arbeit weiter unentschuldigt ferngeblieben wäre. Ihre Pflichtverletzung sei auch nicht derart schwerwiegend, dass eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre. Anders als der Arbeitgeber meint, müsse er die zweiwöchige gesetzliche Kündigungsfrist in der Probezeit einhalten. Die kürzere Frist im Arbeitsvertrag sei unwirksam. Es sei nicht gleichheitswidrig, wenn lediglich den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit der Vereinbarung kürzerer Kündigungsfristen zustehe. Deren Verhandlungsparität führe zu einer angemessenen Berücksichtigung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine vergleichbare Parität bestehe zwischen den Parteien des Individualarbeitsvertrags nicht.

Quelle | LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 3.6.2020, 1 Sa 72/20

Fristlose Kündigung: 23 Euro können ein wichtiger Grund sein

Das Arbeitsgericht (ArbG) Oberhausen hat die Klage eines fristlos gekündigten stellvertretenden Store-Leiters des FC Bayern Fan-Shops in einem Einkaufszentrum teilweise abgewiesen. Die fristlose Kündigung ist damit wirksam. Das Arbeitsverhältnis ist beendet.

Das ArbG vertritt die Ansicht, dass der Vorwurf, der Kläger habe einen Gutschein im Wert von 23 Euro unberechtigt verwendet, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellt. Aus diesem Grund hat es die Kündigungsschutzklage abgewiesen.

Quelle | ArbG Oberhausen, Urteile vom 12.11.2021, 3 Ca 781/20 und 3 Ca 400/21

Kündigungsschutzklage: Wer einen Kollegen auf der Toilette einsperrt, muss mit fristloser Kündigung rechnen

Schließt ein Arbeitnehmer seinen Kollegen vorsätzlich in der Toilette ein, sodass sich dieser nur durch das Eintreten der Toilettentür befreien kann, verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten schwer. Eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber ist dann gerechtfertigt. Das hat jetzt das Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg entschieden.

Das war geschehen

Der Kläger war bei der Beklagten seit über einem Jahr als Lagerist beschäftigt. Mit einem Kollegen geriet er öfter in Streit. Während der Kollege des Klägers sich auf der Toilette befand, schob der Kläger heimlich unter der Toilettentür ein Papierblatt hindurch, stieß mit einem Gegenstand den Toilettenschlüssel aus dem Schloss, sodass dieser auf das Papierblatt fiel, und zog ihn damit heraus. Der Kläger ließ seinen Kollegen so lange auf der Toilette eingesperrt, bis dieser sich veranlasst sah, die Toilettentür aufzutreten. Der Kläger erhielt deswegen eine fristlose Kündigung. Hiergegen erhob er Kündigungsschutzklage.

Kündigungsschutzklage erfolglos

Das ArbG wies die Klage ab. Es hielt die fristlose Kündigung für gerechtfertigt. Der wichtige Kündigungsgrund lag nach Auffassung des Gerichts darin, dass der Kläger seinen Kollegen auf der Toilette einschloss, indem er ihm durch einen Trick den Schlüssel zum Öffnen der Toilettentür wegnahm. Hierdurch habe der Kläger seinen Kollegen zumindest zeitweise seiner Freiheit und der ungehinderten Möglichkeit beraubt, die Toilette zu verlassen.

Erhebliche Pflichtverletzung

Dies stelle eine erhebliche Pflichtverletzung dar. Zudem sei durch das Verhalten des Klägers die Toilettentür, also das Eigentum der Beklagten, beschädigt worden.

Kündigung ohne vorherige Abmahnung

Eine vorherige Abmahnung sei in diesem Fall entbehrlich gewesen. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei dem Arbeitgeber ebenfalls nicht zuzumuten.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Köln eingelegt werden.

Quelle | Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 11.2.2021, 5 Ca 1397/20

Kündigung wegen einer Covid-19-Quarantäne ist unwirksam

Das Arbeitsgericht Köln hat die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses für unwirksam erklärt, die ein Arbeitgeber aufgrund einer behördlich angeordneten Quarantäne gegenüber seinem Arbeitnehmer ausgesprochen hatte.

Der Arbeitnehmer befand sich auf telefonische Anordnung des Gesundheitsamts im Oktober 2020 als Kontaktperson des positiv auf Covid-19 getesteten Bruders seiner Freundin in häuslicher Quarantäne. Hierüber informierte der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber, einen kleinen Dachdeckerbetrieb. Der Arbeitgeber bezweifelte die Quarantäneanordnung und vermutete, der Arbeitnehmer wolle sich lediglich vor der Arbeitsleistung „drücken“. Er verlangte eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamts, die der Arbeitnehmer auch beim Gesundheitsamt telefonisch einforderte. Als diese schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamts auch nach mehreren Tagen noch nicht vorlag, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.

Das ArbG Köln hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Zwar fand das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, sodass der Arbeitgeber grundsätzlich keinen Kündigungsgrund für die Rechtswirksamkeit einer fristgerechten Kündigung vor Gericht darlegen musste. Das Gericht sah die Kündigung jedoch als sittenwidrig und treuwidrig an. Der Arbeitnehmer habe sich lediglich an die behördliche Quarantäneanordnung gehalten. Erschwerend kam nach Auffassung des Gerichts hinzu, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich aufgefordert hatte, entgegen der Quarantäneanweisung im Betrieb zu erscheinen.

Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Köln eingelegt werden.

Quelle | ArbG Köln, Urteil vom 15.4.2021, 8 Ca 7334/20, PM Nr. 1/2021

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