Schlagwort: Urlaubsanspruch

Urlaubsgewährung: Arbeitgeber muss bei Urlaub des langzeiterkrankten Arbeitnehmers nicht mitwirken

Die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers zur Urlaubsgewährung gelten nicht gegenüber einem langzeiterkrankten Arbeitnehmer. So entschied es das Arbeitsgericht (ArbG) Köln.

Der Arbeitgeber könne den langzeiterkrankten Arbeitnehmer nicht in die Lage versetzen, seinen Urlaub zu nehmen. Daher müsse er ihn auch nicht auf eine tatsächlich und rechtlich ohnehin unmögliche Urlaubsgewährung hinweisen.

Quelle | ArbG Köln, Urteil vom 30.9.2021, 8 Ca 2545/21

Kündigung: Urlaub bei einem anderen Arbeitgeber wird angerechnet

Der Arbeitnehmer muss sich den ihm während des Kündigungsschutzrechtsstreits von einem anderen Arbeitgeber gewährten Urlaub auf seine Urlaubsansprüche gegen den alten Arbeitgeber anrechnen lassen. So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen. Voraussetzung: Der Arbeitnehmer hätte die Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen nicht gleichzeitig erfüllen können. Das gilt auch für den vertraglich vereinbarten Urlaub, der den Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt.

Eine Verkäuferin hatte nach ihrer fristlosen Kündigung eine Kündigungsschutzklage erhoben. Während des Verfahrens arbeitete sie bei einem anderen Arbeitgeber und nahm dort auch Urlaub.

Das LAG machte deutlich: Auch bei der Anrechnung des Urlaubs ist eine Gesamtberechnung anhand des im gesamten Anrechnungszeitraum gewährten Urlaubs vorzunehmen. Die Arbeitnehmerin konnte daher nicht einerseits bei dem neuen Arbeitgeber Urlaub nehmen und andererseits beim alten Arbeitgeber für die gleiche Zeit Urlaubsabgeltung verlangen.

Quelle | LAG Niedersachsen, Urteil vom 2.5.2022

Berechnungsformel: Urlaubsanspruch bei Wechselschichttätigkeit

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat entschieden: Bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sind Freischichten nicht zu berücksichtigen, wenn diese bei Fälligkeit des Urlaubsanspruchs zu Beginn des Kalenderjahrs nicht dienstplanmäßig feststehen.

Das war geschehen

Die Klägerin ist bei dem beklagten Land im Gefangenenbewachungsdienst in Wechselschicht beschäftigt. Das beklagte Land stellt die Dienstpläne für das jeweils folgende Kalenderjahr vor Beginn des Jahres auf und sieht bei der Dienstplanung einen durchgehenden Turnus im gesamten Kalenderjahr ohne Einplanung von Freischichten, Urlaubstagen und Zusatzurlaubstagen vor. Die Dienstpläne haben einen von der 5-Tage-Woche abweichenden Schicht-Rhythmus. Aufgrund der Abweichung ist die Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 1 S. 4 TV-L gesondert zu berechnen.

Dies erfolgt nach der Formel:

Urlaubstage x Arbeitstage im Jahr bei abweichender Verteilung

Arbeitstage im Jahr bei einer Fünftagewoche

Streit besteht zwischen den Parteien darüber, wie die in der Formel einzusetzenden Arbeitstage zu ermitteln sind. Das beklagte Land hat bei der Ermittlung der Arbeitstage der Klägerin die durchschnittlich zum Zweck der Einhaltung der tariflichen Jahresarbeitszeit in der Wechselschicht zu gewährenden Freischichten von den dienstplanmäßig vorgesehenen Schichten abgezogen. Die Freischichten seien abzuziehen, weil während dieser Schichten keine Arbeitspflicht bestehe. Die Klägerin hält den Abzug der Freischichten von den dienstplanmäßigen Arbeitstagen für unzulässig und hat auf die Feststellung weiterer Urlaubstage geklagt.

So sieht es das LAG

Das LAG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Bei einer von der Fünf-Tage-Woche abweichenden Verteilung der Arbeitszeit sei zu ermitteln, an wie vielen Kalendertagen dienstplanmäßig gearbeitet werden muss oder – in Fällen des nachträglichen Wegfalls der Arbeitspflicht, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit, Urlaubs oder sonstiger Freistellung – hätte gearbeitet werden müssen. Bei einem zu Beginn des Kalenderjahrs durchgängig für das gesamte Jahr aufgestellten Dienstplan ohne Einplanung von Freischichten seien Arbeitstage alle Kalendertage, an denen die Beschäftigten für einen Arbeitseinsatz in der Tag- oder Nachtschicht vorgesehen seien. § 26 Abs. 1 S. 3 TV-L regele ausdrücklich, dass Arbeitstage solche Kalendertage seien, an denen die Beschäftigten dienstplanmäßig zur Arbeit vorgesehen seien. Nachträgliche Änderungen des Dienstplans hätten keinen Einfluss auf den Jahresurlaubsanspruch, der am 1.1. des Kalenderjahrs fällig sei und genommen werden könne. Es könne nicht erst am Jahresende rückblickend geprüft und festgestellt werden, wie viele Freischichten an ursprünglich geplanten Arbeitstagen tatsächlich gewährt worden seien – im Fall der Klägerin deutlich weniger als die durchschnittlich zu gewährenden Freischichten.

Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht zugelassen.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4.5.2022

Corona-Kontaktperson: Behördlich angeordnete Quarantäne während des Urlaubs

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet, um die Frage klären zu lassen, ob aus dem Unionsrecht die Verpflichtung des Arbeitgebers abzuleiten ist, einem Arbeitnehmer bezahlten Erholungsurlaub nachzugewähren, der zwar während des Urlaubs selbst nicht erkrankt ist, in dieser Zeit aber eine behördlich angeordnete häusliche Quarantäne einzuhalten hatte.

Der Kläger ist seit 1993 bei der Beklagten als Schlosser beschäftigt. Auf seinen Antrag bewilligte ihm die Beklagte acht Tage Erholungsurlaub für die Zeit vom 12. bis zum 21.10.2020. Mit Bescheid vom 14.10.2020 ordnete die Stadt Hagen die Absonderung des Klägers in häusliche Quarantäne für die Zeit vom 9. bis zum 21.10.2020 an, weil er zu einer mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Person Kontakt hatte. Für die Zeit der Quarantäne war es dem Kläger untersagt, seine Wohnung ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamts zu verlassen und Besuch von haushaltsfremden Personen zu empfangen. Die Beklagte belastete das Urlaubskonto des Klägers mit acht Tagen und zahlte ihm das Urlaubsentgelt.

Der Kläger hat die auf Wiedergutschrift der Urlaubstage auf seinem Urlaubskonto gerichtete Klage darauf gestützt, es sei ihm nicht möglich gewesen, seinen Urlaub selbstbestimmt zu gestalten. Die Situation bei einer Quarantäneanordnung sei der infolge einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vergleichbar. Der Arbeitgeber müsse ihm deshalb entsprechend dem Bundesurlaubsgesetz (hier: § 9 BurlG), dem zufolge ärztlich attestierte Krankheitszeiten während des Urlaubs nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden dürfen, nachgewähren.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) ist dieser Auffassung gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Für das BAG ist die Frage entscheidungserheblich: Steht es mit europäischem Recht im Einklang, wenn vom Arbeitgeber bewilligter Jahresurlaub, der sich mit einer nach Urlaubsbewilligung behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne zeitlich überschneidet, nach nationalem Recht nicht nachzugewähren ist, weil der betroffene Arbeitnehmer selbst nicht krank war? Diese Frage muss nun der EuGH beantworten.

Quelle | BAG, Beschluss vom 16.8.2022,

Arbeitnehmer: Selbstbeurlaubung: ein großer Fehler!

Ein unentschuldigtes Fehlen eines Arbeitnehmers und eine eigenmächtige Urlaubnahme sind geeignet, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern klargestellt.

Das LAG machte dabei deutlich, dass der Arbeitnehmer sich auch nicht selbst beurlauben oder freistellen darf, wenn er möglicherweise einen Anspruch auf Erteilung von Urlaub oder eine Freistellung gehabt hätte. Denn einen solchen Anspruch hätte er im Wege des gerichtlichen Rechtsschutzes, ggf. im Wege einer einstweiligen Verfügung, durchsetzen müssen, nicht aber durch eigenmächtiges Handeln.

Quelle | LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23.11.2021, 5 Sa 88/21

Corona-Pandemie: Müssen Urlaubstage bei Quarantäne nachgewährt werden?

Es besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Quarantäneanordnung wegen einer Corona-Infektion. Zu diesem Ergebnis kam das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn.

Die Arbeitnehmerin im Fall des ArbG erhielt für zwei Wochen vom 30.11. bis 12.12.2020 Urlaub. Aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus musste sie auf behördliche Anordnung vom 27.11. bis zum 7.12.2020 in häusliche Quarantäne. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) lag für diesen Zeitraum nicht vor. Sie verlangte vom Arbeitgeber, ihr fünf Urlaubstage nachzugewähren.

Das ArbG wies die Klage ab. Die Voraussetzungen des Bundesurlaubsgesetzes für die Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Arbeitsunfähigkeit lägen nicht vor. Danach würden bei einer Erkrankung während des Urlaubs die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeitstage auf den Jahresurlaub nicht angerechnet werden. Die Arbeitnehmerin habe ihre Arbeitsunfähigkeit jedoch nicht durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen. Eine behördliche Quarantäneanordnung stehe einem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit nicht gleich. Die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit obliege allein dem Arzt. Eine Infektion mit dem Coronavirus führe nicht zwingend und unmittelbar zu einer AU.

Quelle | ArbG Bonn, Urteil vom 7.7.2021, 2 Ca 504/21

Erholungsurlaub: Anteilige Urlaubskürzung für Zeiten von Kurzarbeit

Der Arbeitgeber ist bei Kurzarbeit nicht berechtigt, den Erholungsurlaub der hiervon betroffenen Arbeitnehmer anteilig im Verhältnis zu den Jahresarbeitstagen zu kürzen, wenn keine Kurzarbeit „Null“ zugrunde liegt. So entschied es jetzt das Arbeitsgericht (ArbG) Osnabrück im Fall mehrerer Arbeitnehmer.

Sachverhalt

Mehrere Arbeitnehmer verlangen mit ihrer Klage, Urlaubstage gutzuschreiben, die ihnen für Zeiten von Kurzarbeit im Verhältnis zu ihren Jahresarbeitstagen durch den Arbeitgeber anteilig gekürzt worden sind. Der an einzelnen Tagen durchgeführten Kurzarbeit lagen mehrere nahtlos aufeinanderfolgende Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit zugrunde. Die Arbeitszeit der klagenden Parteien war nicht auf „Null“ reduziert worden.

Die Betriebsvereinbarungen wurden jeweils erst kurze Zeit vor Beginn der Kurzarbeit zwischen den Betriebspartnern geschlossenen. Die Information der betroffenen Arbeitnehmer erfolgte danach. Dem Arbeitgeber war es nach den Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit gestattet, die Kurzarbeit vorzeitig und kurzfristig mit einer „Ansagefrist“ von zwei Werktagen zu beenden oder zu reduzieren.

Die klagenden Parteien sind der Ansicht, dass die durchgeführte Kurzarbeit keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche hat. Der Kurzarbeiter habe nicht ähnlich einem Teilzeitbeschäftigten eine vorhersehbare und frei gestaltbare Freizeit durch Kurzarbeit gewonnen, die er nutzen könne, um sich auszuruhen oder Freizeitaktivitäten nachzugehen.

So argumentierte der Arbeitgeber

Die Beklagte stützt sich zur Berechtigung der anteiligen Urlaubskürzung während der Kurzarbeit auf Entscheidungen des EuGH und des BAG über entsprechende Urlaubskürzungen gegenüber Teilzeitbeschäftigten und bei Gewährung eines Sabbaticals für Arbeitnehmer sowie auf eine obergerichtliche Entscheidung bei Kurzarbeit „Null“. Im Übrigen könne es nicht sein, dass dann, wenn der Betrieb nach Ende der Kurzarbeit durch die Arbeitnehmer, die ihren vollen Jahresurlaub nehmen könnten, nach Wiederanlaufen nach der Kurzarbeit dadurch blockiert würde.

Arbeitsgericht: Rechtswidrige Kürzung ist zurückzunehmen

Das ArbG hat den Klagen vollumfänglich stattgegeben und den Arbeitgeber verpflichtet, den gekürzten Urlaubsanteil dem Urlaubskonto der klagenden Arbeitnehmer gutzuschreiben.

Die anteilige Kürzung ist rechtwidrig. Unabhängig davon, dass Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz für das Bestehen des Arbeitsverhältnisses als solches unabhängig von der Erbringung einer konkreten Arbeitsleistung gewährt wird, kann vorliegend nicht von einem zur anteiligen Urlaubskürzung berechtigenden Ruhen des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Kurzarbeit gesprochen werden. Bei einer Kurzarbeit-Vereinbarung, bei der die Arbeitszeit nicht auf „Null“ für diesen Zeitraum herabgesetzt wird, besteht keine vergleichbare Gesetzeslage zum Teilzeitrecht oder sonstigen andauernden Unterbrechungen der gegenseitigen Leistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis, wie bei einem „Sabbatical“. Vielmehr zeigt die vergleichbare Lage zu sonstigen Ruhenstatbeständen im Arbeitsverhältnis, z.B. bei Elternzeit, dass hierfür anteilige Urlaubskürzung gesetzlich möglich ist. In Kenntnis dessen hätte der Gesetzgeber auch bei Kurzarbeit anteilige Urlaubskürzungen statuieren können. Dies hat der Gesetzgeber nicht nur unterlassen, sondern nach dem Bundesurlaubsgesetz gerade zum Ausdruck gebracht, dass Kurzarbeit nicht zur Verdienstschmälerung betreffend Urlaubsentgelt dienen soll.

Es lag keine Kurzarbeit „Null“ vor

Wegen der Durchführung von Kurzarbeit nur an einzelnen Tagen (statt Kurzarbeit „Null“) sowie der kurzfristigen Einführung als auch der vorliegenden Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung oder Reduzierung der durchgeführten Kurzarbeit mit einer Ansagefrist von zwei Werktagen sieht das ArbG es als verfehlt an, einer derartigen Kurzarbeit die gleiche Rechtswirkung zuzusprechen, wie bei einem länger andauernden Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Es kann weder davon gesprochen werden, dass bei derartiger Kurzarbeit Arbeitnehmer ihren Erholungsurlaub bereits anteilig quasi realisiert haben. Es ist auch unerheblich, dass Arbeitnehmer nach Ende der Kurzarbeit ihre restlichen Urlaubsansprüche nehmen können. Dies liegt in der Natur der Sache. Eine etwaige dadurch einhergehende Betriebsblockade erscheint nicht nur im Hinblick auf die sonstigen Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer als Spekulation und ohne Belang.

Die Berufung zum Landesarbeitsgericht (LG) wurde wegen der Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Quelle |  ArbG Osnabrück, PM vom 10.6.2021

Bundesarbeitsgericht: Wann verjährt der Anspruch auf Urlaubsabgeltung?

Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, unterliegt der Verjährung. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt in der Regel mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Endete das Arbeitsverhältnis vor der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 6.11.2018 und war es dem Arbeitnehmer nicht zumutbar, Klage auf Abgeltung zu erheben, konnte die Verjährungsfrist nicht vor dem Ende des Jahres 2018 beginnen.

Das war geschehen

Die Beklagte betreibt eine Flugschule. Sie beschäftigte den Kläger seit dem 9.6.2010 als Ausbildungsleiter, ohne ihm seinen jährlichen Urlaub von 30 Arbeitstagen zu gewähren. Unter dem 19.10.2015 verständigten sich die Parteien darauf, dass der Kläger in der Folgezeit als selbstständiger Dienstnehmer für die Beklagte tätig werden sollte. Mit der im August 2019 erhobenen Klage verlangte der Kläger u. a. Abgeltung von Urlaub aus seiner Beschäftigungszeit vor der Vertragsänderung. Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.

So sahen es die Gerichte

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte beim Bundesarbeitsgericht (BAG) Erfolg, soweit er die Beklagte auf Abgeltung von Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2014 in Anspruch nahm. Bezogen auf Urlaubsabgeltung für das Jahr 2015 blieb sie erfolglos.

Urlaubsansprüche können verjähren. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt jedoch erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch informiert und ihn im Hinblick auf Verfallfristen aufgefordert hat, den Urlaub tatsächlich zu nehmen. So hatte es das BAG bereits früher entschieden. Hat der Arbeitgeber diesen Mitwirkungsobliegenheiten nicht entsprochen, kann der nicht erfüllte gesetzliche Urlaub aus möglicherweise mehreren Jahren im laufenden Arbeitsverhältnis weder verfallen noch verjähren und ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten.

Der Urlaubsabgeltungsanspruch unterliegt ebenfalls der Verjährung. Die dreijährige Verjährungsfrist für den Abgeltungsanspruch beginnt in der Regel am Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es auf die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten ankommt. Die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses bildet einen Einschnitt. Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist anders als der Urlaubsanspruch nicht auf Freistellung von der Arbeitsverpflichtung zu Erholungszwecken unter Fortzahlung der Vergütung gerichtet, sondern auf dessen finanzielle Kompensation beschränkt. Die strukturell schwächere Stellung des Arbeitnehmers endet mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Bei einer verfassungs- und unionsrechtskonformen Anwendung der Verjährungsregelungen kann die Verjährungsfrist nicht beginnen, solange eine Klageerhebung aufgrund einer gegenteiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zumutbar ist. Vom Kläger konnte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Oktober 2015 nicht erwartet werden, seinen Anspruch auf Abgeltung des bis dahin nicht gewährten Urlaubs aus den Jahren 2010 bis 2014 gerichtlich durchzusetzen. Das BAG ging zu diesem Zeitpunkt nämlich noch davon aus, dass Urlaubsansprüche mit Ablauf des Urlaubsjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums unabhängig von der Erfüllung von Mitwirkungsobliegenheiten automatisch verfielen. Erst, nachdem der EuGH in 2018 neue Regeln für den Verfall von Urlaub vorgegeben hatte, war der Kläger gehalten, Abgeltung für die Urlaubsjahre von 2010 bis 2014 gerichtlich geltend zu machen.

Demgegenüber ist der Anspruch des Klägers auf Abgeltung von Urlaub aus dem Jahr 2015 verjährt. Schon auf Grundlage der früheren Rechtsprechung musste der Kläger erkennen, dass die Beklagte Urlaub aus diesem Jahr, in dem das Arbeitsverhältnis der Parteien endete, abgelten musste. Die dreijährige Verjährungsfrist begann deshalb Ende des Jahres 2015 und endete mit Ablauf des Jahres 2018. Der Kläger hat die Klage aber erst im Jahr 2019 erhoben.

Quelle | BAG, Urteil vom 31.1.2023

Erholungsurlaub: Quarantänetage werden auf Urlaubsanspruch angerechnet

Wer im Erholungsurlaub arbeitsunfähig erkrankt, dem werden die Krankheitstage nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet. So steht es im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Der Arbeitgeber zahlt dann Entgelt und nicht etwa Urlaubsentgelt. Was ist aber, wenn sich ein Arbeitnehmer im Urlaub – ohne selbst infiziert zu sein – nur aufgrund eines Kontaktes mit einer an Covid-19 erkrankten Person in Quarantäne begeben muss? In diesem Fall gewährt der Arbeitgeber dennoch den – beantragten und genehmigten – Urlaub des Arbeitnehmers. Die Quarantänetage werden also auf den Urlaub angerechnet. Dies hat das Arbeitsgericht (ArbG) Neumünster entschieden.

Das war geschehen

Die Arbeitgeberin (Beklagte) hatte dem klagenden Arbeitnehmer, wie beantragt, Urlaub für den 23. bis 31.12.20 genehmigt. Danach ordnete das Gesundheitsamt für den Kläger für den Zeitraum vom 21.12.20 bis 4.1.21 Quarantäne an. Die Beklagte zahlte für die beantragte Zeit Urlaubsentgelt und rechnete die Tage auf den Urlaubsanspruch des Klägers an.

So argumentiert der Arbeitnehmer

Der Kläger ist der Auffassung, dass sein Urlaubsanspruch nach wie vor bestehe. Die Arbeitgeberin habe ihm für Dezember 2020 nicht wirksam Urlaub gewährt. Durch die Quarantäne sei die Leistungsfähigkeit des Klägers weggefallen. Deshalb könne die Arbeitgeberin ihm überhaupt keinen Urlaub gewähren. Im Übrigen sei ihm eine frei und selbst gewählte Urlaubsgestaltung gar nicht möglich gewesen.

So argumentiert das Arbeitsgericht

Dieser Argumentation ist das ArbG nicht gefolgt. Das BUrlG (hier § 9) ist nicht auf den Fall der Anordnung einer Quarantäne analog anzuwenden. Bei der Schaffung der Vorschrift war die Unterscheidung zwischen Krankheit und bloßem zu einer Quarantäneanordnung führenden seuchenbezogenen Risiko bereits bekannt. Seinerzeit galt das Bundesseuchengesetz. Der Gesetzgeber hat mit § 9 BurlG eine besondere Situation der Urlaubsstörung herausgegriffen und die anderen Fälle nicht entsprechend geregelt. Es handelt sich um eine nicht verallgemeinerungsfähige Ausnahmevorschrift. Im Übrigen ist eine klare Grenzziehung bei der Frage, wer das Risiko für die Urlaubsstörung trägt, nur möglich und praktikabel, wenn allein auf die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers abgestellt wird.

Die Berufung ist gesondert zugelassen worden, das Urteil damit noch nicht rechtskräftig.

Quelle | ArbG Neumünster, Urteil vom 3.8.2021, 3 Ca 362 b/21

Fristlose Kündigung: Im laufenden Prozess eigenmächtig Urlaub genommen

Tritt ein Arbeitnehmer während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens eigenmächtig Urlaub an, rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung – auch ohne vorherige Abmahnung. Zu diesem Ergebnis kam das Landearbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg.

Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt sei an sich geeignet, einen wichtigen Grund im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 626 Abs. 1 BGB) zu bilden. Dies gelte auch, wenn der eigenmächtige Urlaubsantritt nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist einer unwirksamen Kündigung während einer Prozessbeschäftigung erfolgt sei. Dabei sei es unerheblich, ob sich bei Auslegung der Erklärungen der Parteien zur Prozessbeschäftigung ergebe, dass eine auflösend bedingte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder eine Beschäftigung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung vereinbart worden sei. Einer Abmahnung bedürfe es regelmäßig nicht. Kein Arbeitnehmer könne erwarten, dass der Arbeitgeber einen eigenmächtigen Urlaubsantritt billige.

Quelle | LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 1.10.2020, 17 Sa 1/20

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